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Praxistest: Manfrotto 300 XM - Gimbal für mittelschwere Fotofilm-Kameras

Das Gimbal 300 XM ist das neue Top-Modell bei Manfrotto, wobei dieses im Gegensatz zum letzten Test nicht von FeiyuTech zugeliefert wird. Soweit wir es nachvollziehen können, ist das 300 XM nun eine Eigenentwicklung für Equipment bis 3,4 Kilogramm Gewicht. Wir habens ausprobiert und zeigen unsere Testergebnisse in einem neuen Video.
Eins

Im Test:
Manfrotto MVG 300 XM, 664 Euro

GEWICHT UND KOMPATIBILITÄT
Mit seiner Traglast von 3,4 Kilogramm deckt das 300 XM die gängigste mittlere Gewichtsklasse bis hin zu kleineren Systemkameras ab. Mit zwei Kilogramm Eigengewicht ist es allerdings vergleichsweise schwer, was offensichtlich auch am modularen Gedanken liegt: Die Basis unter der vertikalen unteren Ebene ist vergleichsweise groß, denn statt im Griff steckt hier die Stromversorgung und das Bluetooth-Modul. Das sorgt dafür, dass das Gimbal auch ohne den Griff als Remote-Head, also als steuerbarer Stativkopf, arbeiten kann. Entsprechend ist im Set eine Adapterplatte, damit man das Gimbal direkt auf ein Stativkopf montiert bekommt. Zudem findet man an der Basis einen Einschalter, denn die Bewegungen lassen sich via der sehr übersichtlich und schnell verständlichen, für Android und iOS verfügbaren App steuern. Hier kann man für Timelapse und gesteuerte Schwenks Positionen vordefinieren, die dann bei der Fernaufnahme angesteuert werden.

Im Video haben wir das Manfrotto 300XM ausführlich unter die Lupe genommen und zeigen auch ausführliche Testszenen, die durch das Gimbal beruhigt sind. Die Testtabelle mit Wertund und einem großen, abschließenden Fazit liest man in der VIDEOAKTIV 4/2022.

EINRICHTUNG UND STEUERUNG
Verwendet man das 300 XM als Gimbal, ist die App nicht nötig, denn im Griff ist ein Touch- Display untergebracht, das mit einer klaren Symbolik alle Funktionen leicht verständlich verfügbar macht – inklusive der natürlich auch hier nötigen Kalibrierung, wobei die Ausbalancierung der Kamera vorausgehen muss. Das funktioniert wie bei allen Gimbals und sowohl mit leichten als auch mit schweren Camcordern ganz zuverlässig. Beim X 1500 mussten wir nur den Arm etwas verlängern, damit die Augenmuschel des Suchers nicht mit der hinteren Achse kollidiert. Doch im Gegensatz zu den Kameras konnten wir beide Camcorder nicht vom Gimbal aus steuern. Das ist zwar lästig, aber kein KO-Kriterium, da die Automatiken der Camcorder zuverlässig arbeiten. Allerdings sollte man den Bildstabilisator noch dringender als bei den Fotokameras ausschalten. Sehr gut beim XM 300 gefällt uns die Verriegelung der Ebenen mit den großen, gut erreichbaren Schaltern. Eine weitere gute Idee sind die in den Skalen laufenden Schieber, mit denen man sich die richtige Position markieren können soll – wären sie nicht so leichtgängig, dass sie beim Abbau schon wieder verschoben sind. Sehr schade, denn wie fast alle Gimbals muss man auch das XM 300 komplett abbauen, wenn es in den sehr kompakten und gut strukturierten Koffer gepackt werden soll.

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Das Manfrotto Gimbal nimmt den etwas größeren Panasonic- Camcorder HC-X 1500 problemlos auf und bietet, auch wenn es knapp ist, dabei volle Bewegungsfreiheit. Die Augenmuschel könnte man natürlich auch noch wegklappen.

GEWICHT UND FÃœHRUNG
Das Gimbal ist mit einem etwas ungewöhnlich langen Tastendruck auf den Einschalter schnell eingeschaltet und erfreulich schnell startklar. Manfrotto liefert, wie seit gut zwei Jahren üblich, einen hinten andockbaren Griff, der die Ergonomie bei bodennahen Aufnahmen optimiert. Normalerweise verbessert sich damit auch die Verteilung des Gewichts auf zwei Hände beim aufrechten Führen. Leider bleibt das XM 300 so aber aufgrund der gewichtigen unteren Drehachse etwas zu frontlastig. Zudem macht sich das höhere Gewicht auch bei längeren Dreheinsätzen bemerkbar – ein knappes halbes Kilo Gewicht über dem vergleichbarer Gimbals werden nach mehreren Stunden Arbeit ein wahrlich gewichtiges Argument. Wir haben uns deshalb angewöhnt, das untere Dreibein vor Drehbeginn abzuschrauben – das spart immerhin gut 200 Gramm Gewicht. Wobei: Der Griff ist mit gut 320 Gramm insgesamt eh relativ leicht, das gesamte Gimbal damit zudem noch sehr kopflastig. Man merkt schon: Ganz zufrieden mit der Ergonomie kann man beim 300 XM nicht sein.
Dafür belohnt das Gimbal mit sehr guter Bedienung: Es reagiert geschmeidig auf den feinfühligen Joystick. Mit dem seitlichen Drehrad lässt sich sehr gut die Vertikale ausrichten. Die Fronttaste sorgt für den schnellen und unmerklichen Moduswechsel während der Aufnahme oder, nach kurzem zweimaligem Betätigen, für die erneute Ausrichtung auf die Grundposition. Wer dreimal drückt, lässt das 300 XM, so wie es derzeit üblich ist, in die Selfieposition um 180 Grad schwenken.

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Der große vorn angebrachte Akku sorgt dafür, dass man das Gimbal ohne Griff auf dem Stativ als Remote-Head einsetzen kann. Allerdings sorgt es auch für eine große Frontlastigkeit im Gimbalbetrieb. Dank Touchscreen klappt die Umschaltung zwischen den Betriebmodi schnell und auch Spezialfunktionen wie einen Panoramaschwenk kann man direkt aus dem Menü starten.

Etwas lästig sind die durch die Motoren verursachten Vibrationen, wenn man das Gimbal abstellt. Offensichtlich schaukeln sich hier kleinste Korrekturbewegungen so auf, dass das Gimbal nicht mehr zur Ruhe kommt. Weder die Kalibrierung noch die automatische oder manuelle Steuerung der Motorenkraft änderten etwas an dieser Begleiterscheinung, die aber nur im Zusammenhang mit dem unteren Griff, nicht jedoch bei der Montage direkt auf dem Stativ auftrat. Sobald man das Gimbal hält, ist der Effekt beendet. Arbeitet man mit dem Gimbal, funktioniert es einwandfrei und zuverlässig. Es gleicht Bewegungen sehr gut aus – auch dann, wenn sie mal nicht ganz optimal geführt werden. Nur schade, dass es sehr ruckartig reagiert, wenn man an die Steuerungsgrenzen der Achsen „stößt“. Anstatt einfach an der Position stehen zu bleiben, folgt eine plötzliche Rückwärtsbewegung. Man muss also sehr genau aufpassen, nicht zu sehr an die Extreme zu gehen, will man keine Rückschläger riskieren.

FAZIT
Bei Manfrottos XM 300 liegen Vor- und Nachteil dicht beieinander: Die Basis, in der neben den Motoren auch die nötige Akkuleistung für die Versorgung ohne Griff steckt, sorgt dafür, dass sich das Gimbal auch schnell und unkompliziert als steuerbarer Stativkopf einsetzen lässt. Aber das führt auch zu einer etwas unausgewogenen Handhabung bei der Zweihandführung. Die Bedienung ist dafür top und die Beruhigungsleistung gut – wären da nicht die Ruckler, sobald man die Grenzen der Steuerung erreicht hat.

+ sehr gute Bedienung
+ Remote-Head-Funktion
+ gute App
– hohes Eigengewicht

Autoren: Joachim Sauer / Bilder: MEDIENBUREAU

Artikel begleitend zur VIDEOAKTIV 4/2022: