Magix: Insolvenz in Eigenverwaltung fĂĽr Berliner Software-Hersteller
EDITORIAL:
Magix Insolvenz in Eigenverwaltung und der kĂĽnftige Plan fĂĽr die Produkte?
Genau genommen hat Magix bereits im Dezember des letzten Jahres den Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt. Jetzt am 1. März 2024 hat das Amtsgericht Charlottenburg das Eigenverwaltungsverfahren eröffnet und damit den Weg zu einer Sanierung und Suche nach Investoren frei gemacht. Die jetzige Misere von Magix beginnt aus unserer Sicht bereits im Jahr 2018, denn damals haben die einstigen Gründer ihre Geschäftsanteile massiv reduziert und die Investmentgesellschaft Caption ist eingestiegen. Probleme bereiten dem Unternehmen die aktuell gestiegenen Zinsen – bei gleichzeitig dramatisch fallenden Umsätzen. Unter Druck kam Magix definitiv durch die Mitbewerber wie Filmora oder Blackmagic DaVinci Resolve, die ihre Schnittprogramme teils kostenfrei anbieten. Gleichzeitig hatte Magix letztes Jahr keine Upgrade-Preise für Bestandskunden mehr, sondern versuchte seine Programme an alle Kunden zum gleichen Preis zu verkaufen. Die Kunden reagierten offensichtlich umgehend: Die Umsätze sanken von ehemals 32 Millionen im Jahr 2021 auf circa 20 Millionen. „Gleichzeitig wurde die Kostenstruktur zu zögerlich angepasst und die Transformation des Unternehmens zur effizienten Marktbearbeitung mit modernen E-Commerce-Methoden wurde nicht mit hinreichender Priorität betrieben,“ meint das Unternehmen nun in einer für die Wirtschaftspresse gedachten Mitteilung.
Wir haben rund um die Insolvenz in Eigenverwaltung intensiv recherchiert und uns auch mit Magix direkt in Verbindung gesetzt. Entsprechend können wir hier mehr berichten, als nur aus der schmalen Pressemitteilung.
Inzwischen hat der Interim-Manager Uwe Bernhard Wache die Geschäftsführung übernommen und will den Betrieb mit weitgehend unveränderter Personalstruktur weiterführen. Mit circa 200 Mitarbeitenden soll vor allem die Produktentwicklung unvermindert weiterlaufen. Man geht man also nicht an die „Assets“, sprich an die Entwicklung. Allerdings heißt es in der Pressemitteilung auch, dass „das komplexe Produktportfolio zu Ineffizienzen auf allen Ebenen der Organisation geführt hat, insbesondere in der Entwicklung.“ In der Pressemeldung heißt es weiter, dass man „bereits zielführende Restrukturierungsmaßnahmen eingeleitet“ hat – was darauf hinweist, dass erste Entlassungen bereits erfolgt sind.
Video Deluxe zählt immer noch zu den Verkaufsschlagern bei Magix und wird auch künftig weiter gepflegt und mit Funktionen ergänzt. Die Produktplanung für dieses Jahr ist bereits abgeschlossen und somit die entsprechende Programmierung durchgeplant. Künftig wird man wohl noch deutlicher Abo-Modelle setzen - so wie das andere Software-Hersteller bereits machen.
Aufgrund der Meldung haben wir Kontakt zu Magix aufgenommen – denn für unsere Leser als Anwender ist neben dem Wirtschaftlichen eben die künftige Produktstrategie wichtig: Magix wird demnach alle aktuellen Produkte bis auf weiteres beibehalten aber die Komplexität reduzieren. Auf gut Deutsch: Statt drei oder gar vier Produktversionen gibt es künftig eben nur noch zwei. Doppelte Entwicklungskosten für Schnittprogramme will man reduzieren. Parallelen in der Entwicklung von Vegas Pro und Magix Video Deluxe sind bereits in den letzten Versionen deutlich geworden. Trotz unterschiedlicher Softwarearchitektur der Schnittprogramme programmiert man inzwischen neue Funktionen als Module, die in beiden nutzbar sind. Dabei ist inzwischen das Programmierer-Team von Vegas Video größer als das von Magix Video Deluxe, weil man das professionelle Vegas Video als „Fokus-Produkt“ betrachtet. Gleichzeitig hat man uns gegenüber betont, dass man nicht darüber nachdenkt deshalb Magix Video Deluxe auslaufen zu lassen. Zwischen beiden Teams gibt es ein Austausch und bei Bedarf entsprechende personelle Unterstützung. Ähnlich könnte das auch im recht ausufernden Audiobereich mit Sound Forge, Acid, Sequoia und Samplitude sein.
Vegas Video hat Magix vor einigen Jahren von Sony zugekauft und betrachtet dieses inzwischen als "Fokus-Produkt". Doch auch hier wird man sich ĂĽberlegen, ob es kĂĽnftig noch drei unterschiedliche Versionen sein mĂĽssen, ober ob man mit einer weniger auskommt.
Bei der kurzfristigen Finanzierung der nächsten Monate hilft unter anderem das durch die Agentur für Arbeit ausgezahlten Insolvenzgeld für die Angestellten. In Zusammenarbeit mit dem auf Sanierung und Restrukturierung spezialisieren Rechtsanwaltsteam Reimer und einer Investmentbank geht man nun gezielt eine Finanzierung mit neuen Partnern an. Dabei sollen sowohl eine strategische Partnerschaft als auch eine Finanzierung durch Investoren zum Tragen kommen. Magix rechnet sich gute Chancen aus, nicht zuletzt, „weil es bereits einen sehr positiven Rücklauf aus beiden Kreisen gibt“ wie Uwe Wache nach den ersten bereits erfolgten Gesprächen betont. Man rechnet zudem damit, dass man aufgrund des gut eingeführten Produktportfolios wieder alte Umsatzgrößen erreichen kann. Das Geschäft läuft während einer Insolvenz in Eigenverwaltung uneingeschränkt weiter, so dass die Kunden von der Restrukturierung keine Beeinträchtigungen haben. Auch die neuen Produktversionen und Update-Zyklen sind für dieses Jahr bereits durchgeplant.
Magix ist im Bereich der Audio-Programme stark und hat hier auch sicher die größte Programmvielfalt. Hier sollen nicht die Programme, sondern die Programmversionen ausgedünnt werden.
Wir bleiben auch weiterhin an diesem Thema dran und werden die Insolvenz in Eigenverwaltung beziehungsweise die Restrukturierung begleiten. Selbstverständlich gibt es bei uns auch weiterhin die neuen Programmversionen im Test.
Magix: Pressemitteilung zu Restrukturierung und Insolvenz in Eigenverwaltung
Autoren: Joachim Sauer / Bilder: VIDEOAKTIV
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