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Filmwerkstatt: Effekte

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Die Zeit der wilden Videoeffekte ist vorbei. Wer heute Zuschauer verblüffen will, muss subtil vorgehen – und bei der Aufnahme planen. Jalousieeffekte oder Wipes sind auch heute noch im Standardrepertoire jedes Schnittprogrammes enthalten. Neue Szenen öffnen sich wie Türen, stauchen und zerren sich, bis die alte Szene in Strudeln oder Würfeln verschwunden ist.
 

Ob und wie intensiv solche "künstlichen" Szenenübergänge angewendet werden ist natürlich Geschmacksache – aus der Fernsehlandschaft sind sie weitgehend verschwunden. Gehalten hat sich das Albumblatt, das wirkt, als würde durch die neue Szene tatsächlich eine neue Seite in einem Buch aufgeschlagen. Nun werden mit steigender Rechenleistung gerade die Übergangseffekte immer raffinierter, doch außer Effekthascherei bringen auch sie ein Filmvorhaben nicht weiter - wenn sie reiner Selbstzweck sind. Denn generell reißt jeder Kunstgriff dieser Art den Zuschauer aus der Story und lenkt seine Aufmerksamkeit auf die Technik.

Doch die gleichen Effekte lassen sich auch so in eine Filmstory integrieren, dass sie eigene Gestaltungsebenen hinzufügen. Dazu ist es jedoch in aller Regel sinnvoll, den beabsichtigten Effekt schon bei der Aufnahme vor Ort filmgestalterisch zu berücksichtigen.

Profis treiben da Aufwand, doch Amateuren reicht auch "kleines Gepäck", um bei videotechnisch ungeschulten Zuschauern erheblich Eindruck zu machen – oder schlicht um  Dinge zu realisieren, die in der Wirklichkeit so nicht vorkommen

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Zauberei: Gegenstände und Personen in einer Szenerie auftauchen und verschwinden zu lassen, ist ein ebenso verblüffender wie einfacher Effekt.

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Ein Geist verschwindet: Während die Umgebung identisch bleibt, verschwindet die Figur scheinbar spurlos.

Geister

Gegenstände und Personen in einer Szenerie auftauchen und verschwinden zu lassen, ist so ein verblüffender und verblüffend einfacher Effekt. Soll beispielsweise eine Person als Geist erscheinen, wird zuerst der leere Raum gefilmt, dann der "Geist" an vorbereiteter Stelle ins Bild gestellt. Während der Manipulation im Bild darf die Kamera keinesfalls bewegt und nicht ohne Not abgeschaltet werden – allenfalls per Fernbedienung. Wird nun einfach der Zwischenbereich herausgeschnitten, erscheint der Geist sprunghaft als "Stopp-Trick". Soll sich das Objekt gespenstisch aus dem Nichts materialisieren, muss nur der Vorher und Nachher-Bereich überlappend auf zwei Videospuren gelegt und eine normale Überblendung in der Länge eingefügt werden, die das Materialisieren in Anspruch nehmen soll. So weit so einfach. Auf Basis dieses Effektes lässt sich nun trefflich zaubern:
Soll Beispielsweise im linken Bildteil noch ein Beschwörer oder andere bewegte Objekte während der Materialisierung anwesend sein, dann wird nicht das gesamte Bild überblendet, sondern nur ein Teil – beispielsweise die linke Seite. Die Teilungsachse ob horizontal oder vertikal oder gar mittig ist heute in jedem Schnittprogramm, dass diesen Namen verdient, einstellbar.

Da das Programm die Helligkeitsaddition automatisch durchführt, ergibt sich in aller Regel kein Helligkeitsunterschied diesseits und jenseits der Nahtstelle. Falls doch, müssen die Kanten der Nähte etwas gesoftet werden. Meist ist die "soft edge" – Funktion in den Effekteinstellungen bereits enthalten.
Darauf achten müssen Sie bei dieser einfachen Form allerdings, dass keine auffälligen, bewegten Objekte in dem Bereich des Bildes herumvagabundieren, der überblendet werden soll. Die "springen" dann nämlich unschön und machen den Effekt zunichte. Klingt logisch, doch hat schon Mancher windbewegte Gräser oder Sonnenreflexe außer Kalkül gelassen und erst zu Hause entgeistert zur Kenntnis genommen. Nach der geschilderten Manier funktionieren auch Zwillingseffekte, bei denen der Hauptdarsteller zwei bis dreimal im Bild vorkommt.

Ganz Clevere lassen die Geister oder Zwillinge sogar die Bildseiten tauschen oder erlauben das freie Bewegen im Raum. Dazu muss einerseits darauf geachtet werden, dass die Objekte zu jedem Zeitpunkt des Gesamtszene unterschiedliche Bildbereiche besetzen. Das ist nicht schwierig ,da Dialoge ohnehin zeitlich genau erfasst werden müssen. Andererseits muss die Blendfunktion dynamisch verändert werden. Dabei helfen die Ankerpunkte (Keyframes) in den Effekteinstellungen, die die Position des Effektes über der Zeit festlegen.

Sollen sich die Zwillinge auch noch überlagern, muss auf Key-Effekte zurückgegriffen werden, denen ein anderes technisches Prinzip zugrunde liegt, und die deutlich mehr Aufwand bei der Erstellung verlangen.

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Die Premiere-Timeline zeigt den Verschwindetrick: Die Szene mit Person und die Szene ohne werden einfach durch eine normale Überblendung miteinander verbunden (obere Spur und kleines blaues Feld). Da der Ton ohne Unterbrechung weiterlaufen muss, liegt sein Schnittpunkt deutlich später (untere Spur).