Report Bildstabilisator-Technik: Was ist eigentlich IBIS?
Was ist eigentlich IBIS?
Solange bei Fotokameras noch die digitale Spiegelreflex (DSLR) den Markt dominierte, war es die Regel, dass die Bildstabilisierung direkt im jeweiligen Objektiv mittels optischer Verfahren passierte. Das hat sich seit dem Siegeszug der spiegellosen Systemkameras geändert. Mit der Alpha 7 II brachte Sony bereits vor gut fünf Jahren das erste Foto-Antiwackelsystem mit In-Body Image Stabilizer (IBIS) und 5-Achsen-Beruhigung für das Vollformat auf den Markt. Auf Basis eines beweglich aufgehängten Bildsensors korrigiert das System Wackler in fünf Achsen: horizontal („X”), vertikal („Y”), Neigung seitlich („Yaw”) und in der Höhe („Pitch”) sowie Roll-/Dreh-Bewegungen („Roll”). Panasonic konterte bald darauf mit der Micro-Four-Thirds-Kamera Lumix DMCGX 8. Der große Vorteil: Dank IBIS werden auch Aufnahmen mit nicht stabilisierten Objektiven beruhigt. Außerdem bezahlt man die Antiwackel- Technik nicht mit jedem Objektiv neu, sondern nur einmal mit der Kamera. Eine Schwachstelle hat IBIS aber auch: Im Tele-Bereich funktioniert er nicht besonders gut, denn dafür müsste der Sensor zu stark bewegt werden.
Bei langen Brennweiten sind (O)IS-Verfahren deshalb immer noch im Vorteil. Besonders gut sind die Resultate, wenn man die Vorteile der internen Stabilisierung mit dem (O)IS entsprechender Wechselobjektive kombiniert, wie es erstmals Panasonic und Olympus mit ihren Dual-IS- oder Sync-IS-Verfahren perfektioniert haben. Da die passenden Optiken längst mit elektronischer Signalübertragung arbeiten, weiß der interne Kamerastabilisator inzwischen sogar, mit welchen Linsen er gerade anbandelt und kann sich optimal an die IS-Leistung des jeweiligen Objektivs anpassen. Intelligente Systeme entscheiden sogar, ob IBIS oder ( O)IS in der speziellen Situation besser wirken. Voraussetzung für eine effektive Bewegungskorrektur ist dabei das Zusammenwirken von Kamera und Optik. Canon beschreibt das für seine Vollformat- Kameras EOS R5 und EOS R6 wie folgt: „Der Mikroprozessor des Objektivs empfängt Daten vom Gyrosensor im Objektiv, während der DIGIC-X-Prozessor in der Kamera Daten von einem Gyrosensor sowie einem Beschleunigungssensor in der Kamera abruft.
Die beiden Prozessoren tauschen Informationen in Echtzeit aus und passen dann sowohl die Linsenelemente als auch den Kamerasensor an, um ein besonders stabiles Bild zu erreichen.” Die Güte ihrer Bildstabilisatoren versuchen die Foto-Hersteller seit einiger Zeit über den Gewinn an Blendenstufen zu beschreiben. Das ist die umgekehrte Variante davon, wie viele längere Verschlusszeiten-Stufen sich nutzen lassen würden, bevor das Bild verwackelt. Diese Denkweise ist für Filmer ungewöhnlich, da sie ja fast immer mit festen Verschlusszeiten arbeiten. In der Praxis kommt es beim Filmen aber eh auf die gleichermaßen unsichtbare wie wirksame Funktionsweise des Stabilisators beim Videodreh und nicht bei der Standbildaufnahme an, und die geht wahrscheinlich nicht immer mit den Marketing-Angaben der scheinbar gewonnenen Blenden kongruent.
Wie das in der Praxis im Einzelfall in einer konkreten Drehsituation auch sein mag: Canon nennt für seinen kamerainternen IS im Zusammenspiel mit bestimmten Objektiven sogar bis zu acht Stufen Gewinn. Der 5-Achsen-Dual- IS der aktuellen Vollformat-Kamera Lumix DC-S 5 schafft laut Hersteller Panasonic eine um bis zu 6,5 Blendenstufen länger nutzbare Belichtungszeit bei Foto wie Video. Olympus gibt für seine MFT-Kamera OM-D E-M 1 X eine Korrektur um bis zu 7,5 Stufen an. Auch Nikon mit den Z-Modellen im Vollformat hat inzwischen Kameras mit IBIS im Markt. Bei Nikon heißt diese Bildstabilisierung übrigens „Sensor Shift Vibration Reduction“. Fujifilm hat die IBIS-Technologie nicht nur in seine APS-C-Kameras wie X-H 1, X-T 4 oder X-S 10 integriert, sondern stabilisiert damit sogar seine großen Mittelformat-Modelle.
Autor: Hans Ernst / Bilder: Hans Ernst, Canon, Fujifilm, Nikon, Olympus, Panasonic, Sony
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